Nachhaltigkeit Kommentar

Stadtentwicklung: Harmonie der Unterschiede

02.11.2021 / Österreich
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Stadt oder Land – diese Entscheidung muss man nicht treffen. Denn die Natur bekommt immer mehr Platz im urbanen Raum. Und das hat viele Vorteile. FĂŒr die Menschen. Und fĂŒr die Umwelt.

„Schau, da, am Stein, eine Eidechse“, sagt sie und deutet zum Teich.

„Genau, eine Zauneidechse ist das. Die haben sich hier angesiedelt, lange bevor wir diese HĂ€user gebaut haben“, erklĂ€rt ihr Vater.

„Du hast diese HĂ€user gebaut?“

„Mit meinem Team gemeinsam, ja.“

„Und warum habt ihr da kein Haus gebaut?“, fragt sie und zeigt auf die Wiese.

„Weil es hier viele Tiere gibt: Zauneidechsen, Wechselkröten, Wildbienen, Vögel 
“

„Und die können nicht in einem Haus wohnen 
“

„Nein“, sagt er und schmunzelt, „aber die Menschen, die in der Stadt leben, haben auch gerne eine Wiese vor der HaustĂŒr.“

„Damit sie Fangen spielen können.“

„Zum Beispiel. Und damit sie sich erholen können.“

„Wenn ich einmal groß bin, will ich auch HĂ€user und Wiesen bauen“, sagt sie und lĂ€chelt zufrieden.

Ab durch die Freie Mitte

(c) GB*

Wo einst der „schönste Bahnhof von Wien“ war, der Nordbahnhof nĂ€mlich, wird bis 2026 ein neues Stadtviertel gebaut. Die PORR realisiert hier als Generalunternehmerin einige Wohn-, GeschĂ€fts- und BĂŒroflĂ€chen. Und weil ein Naherholungsgebiet fĂŒr viele Menschen ein entscheidendes Kriterium in der Wohl ihres Wohnorts ist, wird bis 2025 auch eine einzigartige Natur- und Parkanlage entstehen, die nĂ€her nicht sein könnte: Nordbahnhof – Freie Mitte.

Das 9,3 Hektar große Erholungsgebiet wird vor allem auch Lebensraum fĂŒr viele Tiere und Pflanzen sein. So gibt es hier zum Beispiel Zauneidechsen, die streng geschĂŒtzten Wechselkröten, 150 Wildbienenarten, verschiedene Schmetterlinge, die Große Wiesenameise, seltene Vogelarten, Feldhasen und Turmfalken. Mitten in der Stadt. Außerdem werden Teile der alten Eisenbahnanlage genauso erhalten wie zwei TeichflĂ€chen und der Altbaumbestand. Es wird Holzstege und einen Spielplatz geben. Und dazu noch Hundezonen, Trinkbrunnen, Sitzmöbel, Naturbeobachtungspunkte, einen Skate-Park, einen Fahrrad-Parcour und noch Vieles mehr.

Die Freie Mitte wird etappenweise umgesetzt. Ebenfalls in Etappen werden die GebĂ€ude am Nordbahnhof-Areal errichtet, bis 2026 sind rund 10.000 Wohnungen und 20.000 ArbeitsplĂ€tze inklusive Folgeeinrichtungen vorgesehen. Die Natur und die GebĂ€ude ergĂ€nzen sich optimal. Denn so einen Park ermöglichen nur zahlreiche bauliche Maßnahmen, die in einem sehr umfangreichen Naturschutzbescheid zusammengefasst sind. Dazu zĂ€hlen etwa Einbauquartiere fĂŒr FledermĂ€use in den Fassaden, NistplĂ€tze fĂŒr Turmfalken an den GebĂ€uden oder Aufenthalts- und ReproduktionsflĂ€chen fĂŒr Zauneidechsen und Wechselkröten.

GegensÀtze ziehen uns an

Das Nordbahnhof-Areal in Wien ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt, wohin sich der stĂ€dtische Wohnbau entwickelt. Und wie wir jetzt und in Zukunft leben. Denn die Urbanisierung schreitet schnell voran. Immer mehr Menschen zieht es in die StĂ€dte – hin zu den vielfĂ€ltigen Karrierechancen, den modernen Wohnungen, der guten Infrastruktur, den scheinbar unzĂ€hligen Möglichkeiten. Aber ob man nun in eine Stadt gezogen oder in einer geboren und aufgewachsen ist – alle wollen Natur in der NĂ€he haben. GrĂŒnflĂ€chen sind schließlich Erholungsgebiete. Sie erhöhen die LebensqualitĂ€t, beeinflussen das Freizeitverhalten positiv, reduzieren Emissionen, verbessern das Mikroklima und fördern das NaturverstĂ€ndnis der StĂ€dter*innen. Außerdem steigern GrĂŒnflĂ€chen die BiodiversitĂ€t im urbanen Gebiet.

Die Natur erobert sich immer mehr Raum zurĂŒck. Weil der Mensch das so will. Weil wir gerne eine Wiese vor der HaustĂŒr haben. Gleich neben einer U-Bahnstation im Idealfall. Es ist dieser harmonische Gegensatz, der uns anzieht. Der zeigt, wie wichtig die Umwelt fĂŒr uns ist. Und wie wichtig uns die Umwelt ist.

Freie Mitte

Wussten Sie, ...

  • 
 dass das Bundesland Wien zu 50 % aus GrĂŒnflĂ€chen besteht? Der Anteil öffentlich zugĂ€nglicher GrĂŒnflĂ€chen betrĂ€gt 31 % der GesamtflĂ€che. Und zwei Drittel der Wiener*innen wohnen weniger als 250 m von so einer öffentlichen zugĂ€nglichen GrĂŒnflĂ€che entfernt.
  • 
 dass die BiodiversitĂ€t von baumbewohnenden Insekten und Spinnen in StĂ€dten sogar grĂ¶ĂŸer sein kann als am intensiv genutzten Agrarland? Vorausgesetzt, es gibt ausreichend GrĂŒnelemente. Das ist das Ergebnis einer Studie von zwei Forscherinnen, die sechs Schweizer StĂ€dte untersucht haben.
  • 
 dass in Wien 135 geschĂŒtzte Schmetterlingsarten leben? Und 22 Fledermausarten, 450 Wildbienenarten und 2.400 Pflanzenarten. Selbst am Zentralfriedhof sieht man immer wieder Rehe, FĂŒchse und Igel.

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