Baudetails Hinter dem Bauzaun Nachhaltigkeit

Mission Forbach: Ein Berg als Energiespeicher

02.12.2025 / Österreich
Baustelle untertage
TIEFBAU/
INFRASTRUKTUR
Übersicht

Im Schwarzwald wächst ein Bauwerk, das die Energiewende möglich macht. Ein Blick hinter die Bauzäune zeigt, wie die PORR das Rudolf-Fettweis-Werk in ein nachhaltiges Pumpspeicherkraftwerk umbaut. Ein tiefgreifendes Projekt.

 

Es ist früh am Morgen im Murgtal. Man hört das Wasser rauschen. Nebel hängt in den Bergen. Und ganz tief im Fels baut die PORR das Rudolf-Fettweis-Werk zu einem leistungsfähigen Pumpspeicherkraftwerk um. Es ist eines der bedeutendsten Energieprojekte Baden-Württembergs. Seit Anfang 2024 sind wir im Auftrag der Energie Baden-Württemberg AG untertage im Einsatz – um eine Anlage von außergewöhnlichen Dimensionen zu realisieren, die Strom flexibel speichern und so zur Stabilisierung des Energiesystems beitragen wird.

Das erste Jahr

Baugerät bohrt in Felswand

Januar 2024. Noch ist die Baustelle ein gesicherter Hang mit Fangzäunen, Felssicherungen und Schutznetzen. Dann entstehen die Voreinschnitte. Und schon graben wir uns in den Berg. Am 10. April beginnen wir mit dem Vortrieb des Schutterstollens. Nach rund 278 m erreichen wir den Nebenstollen V. Er wird zur logistischen Hauptschlagader für den Abtransport der Ausbruchmassen. Im Juli 2024 starten wir mit dem Vortrieb des Zufahrtsstollens. Die Bundesstraße B462 ist im Weg. Aber mit einem Rohrschirmverfahren realisieren wir eine Unterquerung. Zwei Monate später ist die Verbindung zur künftigen Kraftwerkskaverne hergestellt. Im August geht es dann auch los mit dem Vortrieb des Energieableitungsstollens, über den später die Kabel aus der Travokaverne zur Oberfläche geführt werden. Parallel laufen die ersten Arbeiten an den Nebenstollen, die als Teil des zukünftigen Wasserspeichersystems dienen. Im September beginnen wir mit dem Kalottenvortrieb in der Kraftwerkskaverne – dem zentralen Bauwerk des Projekts. Bereits Ende des Jahres können wir dort mit den Ankerarbeiten zur Sicherung der späteren Kranbahn loslegen.

Das Jahr der Durchbrüche

Tunnelschacht

2025 bringt viele entscheidende Momente. Am 13. Januar erfolgt der Durchschlag des Energieableitungsstollens zur Kaverne. Gleichzeitig können wir den Kalottenvortrieb und die Ankerung der Kranbahn abschließen. Danach machen wir mit den Schalungs-, Bewehrungs- und Betonarbeiten weiter. Am 4. Februar findet der Tunnelanschlag am Zugangsstollen zum Schwarzenbachwerk statt. So kommen wir zur Drosselklappenkammer, von der aus wir einen rund 350 m tiefen Schacht im Raise-Boring-Verfahren herstellen. Dabei erfolgt zunächst eine Pilotbohrung, die später von unten nach oben mit einem Reamer auf den Enddurchmesser von 3,1 m aufgeweitet wird. Die Pilotbohrung schließen wir planmäßig ab, die Aufweitung startet wenige Tage später und wird am 1. August fertiggestellt. Parallel dazu passiert fast das Gleiche im Murgwerk: Am 13. Mai erfolgt dort der Tunnelanschlag für den Zugangsstollen. Von der Drosselklappenkammer aus erstellen wir einen rund 150 m tiefen Schacht im Raise-Boring-Verfahren. Die Pilotbohrung startet am 18. August, nur fünf Tage später sind wir damit fertig. Am 25. August beginnt die Aufweitungsbohrung. Das Herzstück des Projekts ist die Kraftwerkskaverne. Nach der Fertigstellung der Kranbahnbalken und dem Einheben des Kranes geht es am 2. Mai mit dem Vortrieb in den Strossen der Kaverne los. Im Juli kommt es zum Durchschlag von der Kaverne in den Unterwasserstollen des Murgwerks. Kurz darauf, im August, schaffen wir auch die Durchschläge in die deutlich tiefer liegenden Ober- und Unterwasserstollen des Schwarzenbachwerks. Diese Verbindungen stellen sicher, dass das Speicherkraftwerk funktioniert.

Mittlerweile zeigt sich die Dimension der Kaverne: Mit einem Ausbruchvolumen von rund 50.000 m³ und einem Fertigstellungsgrad von etwa 92 % sind die untertägigen Arbeiten in diesem Abschnitt weit fortgeschritten. Und auch die Zahlen der Materiallogistik beeindrucken: Bis Mitte 2025 werden insgesamt rund 900.000 t Ausbruchmaterial abtransportiert. Der Großteil findet im Steinbruch Raumünzach Verwendung, wo das Material eingebaut werden kann. Die enge logistische Verzahnung zwischen Ausbruch, Transport und Wiederverwendung ist entscheidend für den reibungslosen Baufortschritt.

Die kommenden Jahre

September 2025. Wir schließen den Vortrieb in der Kaverne ab. Mit der laufenden Fertigstellung der Schachtanlagen, dem Start des Betonausbaus in der Kaverne – im Murg- und Schwarzenbachwerk – und den bereits erreichten Durchschlägen in die Stollen sind wesentliche Grundlagen des Projekts geschaffen. Anfang November 2025 wurden durch ein Nachfolgegewerk auch schon die ersten Saugrohre für die Turbinen des Murgwerks eingebaut. Damit befindet sich das Bauvorhaben im Zeitplan. Und wenn 2027/2028 das modernisierte Pumpspeicherkraftwerk in Betrieb geht, speichert Forbach nicht nur Strom – sondern schenkt Baden-Württemberg die nötige Flexibilität, um Lastspitzen abzufedern und die Netze stabil zu halten. Ein Jahrhundertbauwerk nimmt Gestalt an. Tief im Berg. Still, präzise, unaufhaltsam.

Gruppe von Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern bei einem Tunneldurchbruch

Haben Sie Fragen

* Pflichtfelder
WORLD OF PORR Das Magazin der Baubranche.