(c) NASA
Nachhaltigkeit

Top 10: Bauprojekte der Superlative

Ob schwebende Hochhäuser oder schwimmende Städte: Die Ideen und Visionen moderner Architektur scheinen keine Grenzen zu kennen. Das sind unsere Top 10.
Text: Karin Bornett

Das höchste bereits fertiggestellte Gebäude der Welt ist der Burj Khalifa in Dubai. Das Hochhaus misst eine Höhe von 828 m. Eröffnet wurde der Turm bereits 2010. Seitdem ist er Touristenmagnet und Wahrzeichen. Nur ein Projekt wurde bereits gestartet, das den Burj Khalifa überragen soll: der Jeddah Tower in gleichnamiger Hafenstadt in Saudi-Arabien. Mit 1007 m wäre er das erste Hochhaus der Welt, das die Kilometermarke knackt. Allerdings wurden die Bauarbeiten 2018 bei einer Höhe von rund 260 m eingestellt – wahrscheinlich aus finanziellen Gründen. Ob oder wann die Arbeiten wieder aufgenommen werden, ist nicht bekannt. So ist und bleibt der Burj Khalifa vorerst der Höchste der Hohen.

9. Das Längste

(c) Oiio Studio

Dieser futuristische Wolkenkratzer ist U-förmig und soll das längste Gebäude der Welt werden, falls es jemals gebaut wird: The Big Bend ist ein Entwurf für die Billionaires’ Row in Midtown Manhattan. Entworfen hat ihn 2017 das New Yorker Architekturbüro Oiio Studio. Mit einer Höhe von 610 m wäre es auch das höchste Gebäude der westlichen Hemisphäre. Die geplante Länge der Fassade beträgt satte 1.220 m, die sich über ihre Nachbargebäude beugt und die Form eines U-Hakens hat. Derzeit ist The Big Bend allerdings nicht mehr als ein Vorschlag. Einen konkreten Baustart oder Finanziers sind nicht bekannt.

8. Das Naturnäheste

(c) Foster + Partners

Als eines der größten städtischen Agroforstprojekte der Welt plant Bangkok The Forestias – ein neues, nachhaltiges Stadtquartier. Die Entwicklung wird Wohnungen, Gewerbeflächen, Gemeinschaftsgärten und Grünflächen vereinen. Als verzauberter Stadtteil im Wald sollen Natur, Tiere und Menschen in Einklang leben. Der neue Stadtteil umfasst eine Fläche von rund 64 ha. Etwa EUR 3,7 Mrd. soll das Projekt kosten. Das Herzstück wird ein 48.000 m² großer städtischer Wald bilden, der alle Einrichtungen auf dem Gelände miteinander verbindet. Ein Pavillon als zentraler Treffpunkt wurde von Foster + Partners entworfen. Bis 2025 soll das ganze Projekt abgeschlossen sein.

7. Das Innovativste

(c) NEOM

ÜberThe Line haben wir hier schon einmal berichtet. In unseren Top 10 darf das Projekt trotzdem nicht fehlen. Es handelt sich dabei um eine Stadt, die zurzeit im Nordwesten Saudi-Arabiens gebaut wird. Der Masterplan ist definitiv das innovativste Konzept für eine Stadt vom Reißbrett, das sich gegenwärtig in Realisierung befindet. Die Menschen werden sich in der Stadt der kurzen Wege nahtlos in drei Dimensionen bewegen: nach oben, unten oder horizontal. Mit dieser neu gedachten, kompakten Anordnung von Nutzraum bleiben laut Entwicklerteam 95 % der natürlichen Umgebung unberührt. Der Masterplan hat unter dem Titel Zero Gravity Urbanism bereits für viel Aufsehen gesorgt. Bis 2030 soll The Line fertiggestellt sein.

6. Das Ambitionierteste

Und es geht weiter: The Line wird die Hauptstadt des wohl ambitioniertesten Bauprojekts der Gegenwart sein. NEOM ist ein Siedlungsprojekt des Königreichs Saudi-Arabien im Nordwesten der Tabuk-Provinz. Es soll ein Zentrum für Innovation, Technologie und Nachhaltigkeit werden. Wo heute noch Wüste ist, entsteht zurzeit eine ganz neue Region, die sich komplett mit erneuerbaren Energien versorgen wird. Allein 600 km Wasserrohre müssen verlegt werden. Immerhin ist das Gebiet mit 26.500 qm etwa gleich groß wie Albanien. NEOM besteht aus mehreren Quartieren, darunter ein schwimmender Industriekomplex, ein globaler Handelsknotenpunkt und verschiedene touristische Resorts. Die erste Bauphase will man bereits 2025 abschließen. Das ganze Projekt soll bis 2039 komplett finalisiert sein. Die Entwickler*innen sprechen über NEOMs Hauptstadt von einem „Ort beispielloser sozialer und wirtschaftlicher Experimente - ohne Umweltverschmutzung und Verkehrsunfälle (…)“. Verbunden mit einer vorbeugenden Gesundheitsversorgung „von Weltklasse“ erwarten sie sogar, dass „die Menschen länger leben werden.“

5. Die Teuersten

(c) CC/wikipedia

Das teuerste Projekt der Gegenwart und Moderne ist buchstäblich außerirdisch: die Internationale Raumstation ISS, die seit 1998 im Bau ist und laufend erweitert wird, hat bereits geschätzte Gesamtkosten von USD 150 Mrd. verschlungen. Dagegen sind Platz zwei und drei der teuersten Bauprojekte unserer Zeit geradezu überschaubar: Die Kosten für den bereits erwähnten Jeddah Tower in Saudi-Arabien werden bei Realisierung auf rund USD 20 Mrd. geschätzt. Die Hong Kong-Zhuhai-Macau Bridge, eine 55 km lange – teils untertunnelte – Verbindung zwischen den drei Städten soll rund USD 18,8 Mrd. gekostet haben.

4. Das Entfernteste

(c) NASA

Und noch ein außerirdisches Projekt schafft es auf unsere Liste der außergewöhnlichsten Bauprojekte der Gegenwart: der Lunar Gateway. Die Raumstation soll um den Mond kreisen und als Kommunikationszentrale, Wissenschaftslabor, Wohnmodul und Zwischenstation für Astronaut*innen und Roboter dienen. Das Antriebssystem der Raumstation hat den ersten von vielen Bodentests bestanden. Das Wohnmodul wird derzeit von der NASA und Northrop Grumman entwickelt. Die anderen Elemente sind noch in der Planungs- oder Entwicklungsphase. 2025 sollen die ersten beiden Module im All stationiert sein.

3. Die Tiefstgelegenen

Als Antwort auf den Erfolg der High Line in Manhattan wurde die Idee von The Lowline geboren – der erste unterirdische Park der Welt; im Untergrund von New York City. Mit innovativer Solartechnologie sollte der historische Williamsburg Bridge Trolley Terminal, der seit 1948 ungenutzt und verlassen ist, zu einer unterirdischen Grünoase für Erholung und kulturelle Attraktionen verwandelt werden. The Lowline wurde 2012 vorgestellt. Allerdings stoppte die Stadtverwaltung 2019 das Projekt, da sie keine Genehmigung dafür erteilte. Als Inspiration für künftige Projekte wird The Lowline aber bestimmt noch einen Beitrag leisten. Die Untergrundstadt RÉSO im kanadischen Montréal zeigt, wie Raum in der Tiefe für die Öffentlichkeit nutzbar sein kann. In einem 32 km langen Tunnelsystem unter der Innenstadt von Montréal befinden sich Shoppingmalls, Veranstaltungsorte und Food Courts. Ein weiteres Praxisbeispiel ist die historische unterirdische Stadt von Naours in Frankreich. Der Komplex liegt bis zu 30 m in der Tiefe, ist 2 km lang und umfasst 28 Gänge mit 300 Räumen. Im Vergleich dazu ist The Lowline, die sich in rund 6 m Tiefe befinden würde, geradezu oberflächlich.

2. Die Flexibelsten

Der steigende Meeresspiegel wird vielen Städten und Siedlungsgebieten gefährlich, denn sie drohen, unterzugehen. Die Lösung: schwimmende Städte auf der ganzen Welt, wie das Oceanix City-Projekt von Oceanix und BIG-Bjarke Ingels Group. Bereits gebaut wurde zum Beispiel das Waterbuurt-Projekt in Amsterdam, eine schwimmende Siedlung mit 100 Häusern auf einem kleinen See im Osten der Stadt. Auch das Minke Van Wingerden-Projekt in Rotterdam ist schon Realität: ein schwimmender Bauernhof, der sich immer an den Meeresspiegel anpasst.

The Cloud Citizen ist ein visionäres Konzept für urbane Megastrukturen, die als autonome Städte in der Atmosphäre zu schweben scheinen. Wolkenkratzer, Grünflächen und Infrastruktur sind in der vertikalen Stadt auf verschiedenen Höhen miteinander verbunden. Die Idee wurde bei einem internationalen Wettbewerb für die Gestaltung des Finanzzentrums von Shenzhen in China eingereicht, der 2019 entschieden wurde. Drei Haupttürme aus Stahl, Beton und Glas, die jeweils 680 m hoch sind, würden mit Brücken und Plattformen auf verschiedenen Ebenen miteinander verbunden sein. Eine modulare Konstruktion der Gebäude würde deren Erweiterung oder einen Rückbau je nach Bedarf ermöglichen. Energieeffizienz, Ressourcenschonung und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sind in dem Konzept selbstverständlich eingeplant. The Cloud Citizen ist – derzeit – kein reales Projekt, sondern eine visionäre Idee, die die Grenzen der Architektur und des Städtebaus ausloten will.

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