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Nachhaltigkeit

Top 5: Die beeindruckendsten Bauwerke in Kopenhagen

Kopenhagen ist UNESCO Welthauptstadt der Architektur 2023. Warum das so ist? Wir haben fünf gute Gründe.
Text: Karin Bornett

Kopenhagen zählt zu den lebenswertesten Städten der Welt. Unter anderem wegen der nachhaltigen Stadtentwicklung. Schon 2025 soll die Metropole klimaneutral sein. Möglich machen das innovative Gebäude mit smarten Energiekonzepten. Und: ein Mobilitätsangebot, das dem klimafreundlichen Verkehr den Vorrang lässt. Im Ballungsraum Kopenhagen leben mehr als 1,3 Millionen Menschen. Die dänische Hauptstadt selbst zählt rund 640.000 Einwohnerinnen und Einwohner. 62 % der Bevölkerung in Kopenhagen nutzen das Fahrrad regelmäßig. Von 2005 bis 2017 ist es gelungen, den CO2-Ausstoß von 2,3 Millionen Tonnen auf nur noch gut eine Million zu reduzieren – bei einem Bevölkerungswachstum von rund 1.000 Personen pro Monat. Erlebbar wird die Statistik während eines Spaziergangs durch die Stadt mit ihren innovativen Gebäuden und Architekturprojekten. Für 2023 wurde Kopenhagen von der UNESCO und auf Empfehlung des internationalen Architektenverbandes UIA zur Welthauptstadt der Architektur ernannt. Ein guter Anlass, um die nachhaltigen Architekturprojekte der dänischen Metropole unter die Lupe zu nehmen.

Urbanes Skigebiet und Kraftwerk

Ein weltweit einzigartiges Projekt ist CopenHill. Auf einem ehemaligen Industriegebiet finden urbane Lebensqualität und notwendige Infrastruktur einen gemeinsamen Nenner. Eine Müll- und Hackschnitzel-Verbrennungsanlage erzeugt Strom für 30.000 und Heizwärme für 72.000 Haushalte. Das Dach dient dem Vergnügen: als 450 m lange Piste mit einer Steigung von bis zu 30 %. Sie kann das ganze Jahr befahren werden. Vier Lifte bringen Skibegeisterte zu einem Slalom Parcours, einem Freestyle Park und zur Kids-Area. Das Kraftwerk Amager Bakke haben BIG | Bjarke Ingels Group und SLA Architects entworfen beziehungsweise von einem alten Kohlekraftwerk in ein modernes Infrastrukturprojekt verwandelt. Das Gelände umfasst neben einer Outdoor-Sportanlage auch einen alpin inspirierten Park. An der Wand des Kraftwerks befindet sich mit 85 m die höchste Kletterwand der Welt. CopenHill ist ein Musterbeispiel für sozial und ökologisch nachhaltige Infrastruktur. Es nutzt vorhandene Ressourcen effizient und schafft hochwertigen Raum für Naherholung und Freizeitvergnügen. Insgesamt setzt Kopenhagen einen Mix aus Wind, Sonne, Biomasse, Geothermie und Abfallverwertung zur Energieversorgung ein, um klimaneutral zu werden. Ein Video von CopenHill gibt's hier.

Naherholung und -versorgung

Eine Oase der Naherholung ist auch der Dachgarten ØsterGro. Er war der erste Urban Farming-Dachgarten in Dänemark. Auf 600 m² Fläche wachsen hier Obst, Gemüse und Kräuter in Bioqualität. Im Dach-Restaurant Gro Spiseri kommen sie frisch verarbeitet auf die Teller. Gegossen wird natürlich mit Regenwasser aus der Sammeltonne. Außerdem gibt es eine kleine Hühnerfarm, auf der auch die anfallenden Gemüsereste verwertet werden. Der Garten liegt am Dach eines alten Auktionshauses in der City. Er ist öffentlich zugänglich. ØsterGro gilt als Pionier der urbanen Grünraumgestaltung in Kopenhagen und bietet Bienen und anderen Insekten einen wertvollen Lebensraum. Für die Menschen in der Stadt ist der Garten eine lieb gewonnene, grüne Idylle und ein beliebter Treffpunkt.

Nachhaltig und ganzheitlich

In einem Stadtentwicklungsgebiet im nördlichsten Teil Kopenhagens hat C.F. Møller Architects auf insgesamt 26.000 m2 die Copenhagen International School Nordhavn gebaut – mit Lehr- und Gemeinschaftsräumen für insgesamt 1.200 Schülerinnen und Schüler. Ihre Fassade aus 12.000 Solarpaneelen produziert mehr als die Hälfte des jährlichen Strombedarfs selbst. Mit 6.048 m2 zählt sie zu den größten gebäudeintegrierten Solarkraftwerken Dänemarks. Architektonisch soll die Schule ein offenes Ambiente vermitteln. Es gibt sowohl öffentlichen Raum für außerschulische Aktivitäten als auch Bereiche, die dem Lehrpersonal und Schülerinnen und Schülern exklusiv zugänglich sind. Insgesamt sorgen die hohen und hellen Räume für eine freundliche Atmosphäre im ganzen Gebäude. „Unser Ziel war es, eine ganzheitliche Lernumgebung zu schaffen“, erklärt das Architektenteam. Der Standort Nordhavn ist ein zentrumsnahes Areal rund um einen ehemaligen Industriehafen. In den kommenden 40 Jahren soll dort ein modernes, nachhaltiges Stadtquartier nach dem Gewinner-Masterplan des internationalen Wettbewerbs 2009 von COBE, SLETH, Sangberg (ehemals Polyform) und Rambollentstehen. Rund 100 ha Land werden dafür bis 2025 aufgeschüttet. Dieser Landgewinn vergrößert den Stadtteil auf rund 350 ha. Kurze Wege, bürgerfreundliche, offene und gemischt genutzte Plätze sowie nachhaltige Gebäude sollen das neue Viertel prägen.

Parken, spielen und Strom speichern

Das Parkhaus und Konditaget Lüders befindet sich ebenso im Stadtentwicklungsgebiet Nordhavn. Damit die Straßen frei von parkenden PKWs bleiben, und weil der Boden für den Tiefbau nicht geeignet ist, hat man sich für eine große Quartiersgarage entschieden. JAJA Architectshaben die Fassade in Anlehnung an die alten Klinkergebäude des sogenannten Roten Viertels gestaltet. Die Dachfläche dient als öffentliche Sport- und Freizeitanlage mit grandiosem Blick über das Hafengelände. Als Partner des EnergyLab Nordhavn ist die Garage in ein smartes Energiemonitoring- und -management-System integriert. Mit einem kleinen IOT-Messgerät, entwickelt von Nerve Smart Systems, ist die Echtzeitmessung des Stromverbrauchs vom Energiezähler im Parkhaus Lüders möglich. Die Daten werden direkt an ein Datenmanagementsystem übertragen. Das bringt laufend neue Erkenntnisse über den Bau und die Inbetriebnahme eines Batteriesystems im urbanen Umfeld. Die Integration von großen Batterie-Energiespeichersystemen kann das Energieangebot stabilisieren und die Nachfrage decken, indem die Akkus bei geringer Nachfrage laden und bei hoher Nachfrage entladen – und gleichzeitig als Puffer für das Laden von Elektrofahrzeugen fungieren. Die Batterie im Parkhaus nutzt Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne. Bei der Planung mussten insbesondere Aspekte des Brandschutzes berücksichtigt werden, da Batterien mit Lithium-Ionen-Technologie schwere Brände auslösen können. Deshalb ist das Batteriesystem in einer feuerfesten Betonkabine hinter einer Stahltür mit zwei Brandbekämpfungssystemen platziert.

Energieeffiziente Labors und moderne Ästhetik

Der Maersk Tower ist eine Erweiterung der Fakultät für Gesundheit und medizinische Wissenschaften der Universität Kopenhagen. Er umfasst sowohl Forschungs- und Bildungseinrichtungen als auch ein Konferenzzentrum mit Auditorien und Tagungsräumen. Ein begrünter Campuspark ist öffentlich zugänglich. Der sogenannte schwimmende Pfad führt über Teile des Maersk-Geländes. So entsteht Nähe zwischen den Menschen und dem Gebäude sowie den Wissenschaftlerinnen und Forschern. Gleichzeitig ist dadurch eine neue Verbindung zwischen Nørre Allé und Blegdamsvej entstanden. Der Turm ruht auf einem Sockel, der für alle zugänglich ist. Der Platz davor ist so konzipiert, dass er auch mit dem künftigen Klimawandel zurechtkommen wird: Überschüssiges Wasser sickert zwischen den Fliesen in ein großes Reservoir, wo es gesammelt wird. Die begrünten Dächer können extreme Regengüsse absorbieren. Das überschüssige Regenwasser kommt zur Bewässerung des Parks und in den Toiletten des Gebäudes zum Einsatz. Der Maersk Tower wurde von C.F, Møller Architects entworfen und „verfügt über Dänemarks energieeffizienteste Laboratorien, in denen Abfallenergie in einem noch nie dagewesenen Ausmaß wiederverwendet wird.“ Die Fassade besteht aus stockhohen, kupferbedeckten Fensterläden. Die Rollläden dienen als Klimaschild, das sich je nach Bedarf an direkte Sonneneinstrahlung und Überhitzung anpasst.

Wussten Sie, ...

  • ..., dass 90 % der Haushalte in Kopenhagen ans Fernwärmenetz angeschlossen sind?
  • …, dass 74 % der bisherigen CO2-Reduktion bei der Energieversorgung erzielt wurde?
  • …, dass Kopenhagen im Jahr 2018 etwa 36 Euro pro Einwohnerin und Einwohner in den Ausbau von Radwegen investiert hat?
  • …, dass Kopenhagen schon seit den Achtzigerjahren jedes Jahr 3 % der Parkplätze im öffentlichen Raum abschafft?

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